Rezension // Nacht in Caracas von Karina Sainz Borgo

„Präzise und auf wenigen Seiten komprimiert breitet Karina Sainz Borgo eine Geschichte über das Elend Venezuelas aus. Fesselnd und grausam zugleich.“ – Evelyn Unterfrauner, Book Broker

Inhaltsangabe zu Nacht in Caracas von Karina Sainz Borgo

„Wir sahen, wie die Dinge sich wandelten, Geldabwertung, die Unterdrückung von Protesten, abweichenden Meinungen, zuerst mit revolutionärem Gehabe, dann mit systematischer Gewalt. Wir sagen die besten Jahre des Comandante und den allmählichen Aufstieg seiner Nachfolger, lernten die ersten Versionen der Hijos de la Revolution und der Biker kennen, der Motorizados de la Patria. Wir sahen wie das Land ins Groteske abdriftete.“ (S. 115f)

Mord und Diebstahl beherrschen das Land. Es brennt überall. Chaos auf den Straßen. Leichen. Nirgendwo ist es sicher, auch nicht in den eigenen vier Wänden. Lebensmittel und lebensnotwendige Güter sind knapp und teuer. Der Schwarzmarkt floriert, nur Euro-Scheine sind wertvoll. Mittendrin kämpft Adelaida für sich selbst, denn sie hat niemanden mehr. Ihre Mutter hat sie vor wenigen Tagen beerdigt, ihre Freundin Ana ist kaum ansprechbar, ihr Partner: tot. Plötzlich nistet sich eine Frauen-Bande in ihrer Wohnung ein und sie steht vor dem Nichts. Die Not zwingt sie zu grausamen Dingen und so nimmt Adelaida die Wohnung ihrer Nachbarin heimlich ein und schmiedet einen Plan, wie sie diesem Elend in Caracas entkommt. Und geht dabei über Leichen in wortwörtlichen Sinne.

„Caracas sah zugleich einladend und schrecklich aus, das warme Nest einer Schlange, die mich noch immer mit wilden Augen mitten in der Dunkelheit anstarrte.“ (S. 206)

Meine Gedanken zum Roman Nacht in Caracas

Der Tod ist in diesem Roman omnipräsent. Es macht sich eine Stimmung à la memento mori breit, den niemand scheint in Caracas sicher zu sein. In nur einem Tag bin ich durch das Buch gerauscht und fühlte mich gehetzt, wie es die Protagonistin Adelaida Falcón auch ist. Ständig auf der Hut vor dem Tod, der hinter jeder Ecke lauert. Es ist eine fiktive Geschichte, doch nah an der Realität geschrieben. Die Autorin kommt selbst aus Venezuela und lebt heute als Journalistin in Madrid. Sie hat, wie sie in einem Interview gesagt hat, ihre eigenen Ängste in die Protagonistin hineingeschrieben. Hier könnt ihr ein Interview der Süddeutschen Zeitung lesen, in dem die Autorin über die kritische Lage Venezuelas spricht. Nach der Lektüre des Romans hat man unmittelbar das Bedürfnis mehr über die Situation dort zu erfahren, da die Geschehnisse im Buch so einprägsam beschrieben werden. Für uns kaum vorstellbar. Und schmerzvoll zu lesen. Für den Erfolg und die Aktualität von Nacht in Caracas zeugt unter anderem, dass es gleichzeitig in 22 Ländern erschienen ist. 

„In diesem Land ruhte niemand in Frieden. Niemand.“ (S. 195)

Weitere Besprechungen: 

BR.de I Deutschlandfunk.de

Der Roman wurde mir freundlicherweise von der Wagner’schen Buchhandlung zur Verfügung gestellt.

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