Rezension // Meine geniale Freundin von Elena Ferrante

Es war mühsam aber auch sehr schön. Dieser Roman von Elena Ferrante ist mir überall begegnet und selbst Literaturkritiker Dennis Scheck lobte Teil 1 der neapolitanischen Saga, sodass ich neugierig wurde. Insgesamt hat mir der Roman sehr gut gefallen, doch hatte ich den Eindruck, dass er durch die Übersetzung ins Deutsche an Leichtigkeit verloren haben musste.

Inhaltsangabe zu Meine geniale Freundin von Elena Ferrante

Elena Greco (Lenuccia) möchte Raffaela Cerullos (Lila) beste Freundin sein und hängt sich an die unerschrockene Lila dran. Obwohl sie sich im ständigen Wettstreit befinden, werden sie enge Freundinnen – wie ihnen erst viel später bewusst wird. Sie beide sind im Rione (Neapel) aufgewachsen. Eine ärmliche Gegend in der die wohlhabendsten Bewohner eine Salumeria und eine Bar betreiben. Zwischen den Bewohnern gibt es immer wieder Zankereien: ein Mann der seiner Frau fremd geht, ein Sohn, der für seine Arbeit bezahlt werden möchte und somit den Vater vor den Kopf stößt, Jungs, die sich eine Geliebte und die Leidenschaft für Feuerwerkskörper teilen.

Die Protagonistin Elena erzählt aus ihrer Sicht was sich im Rione zuträgt und nimmt uns mit in ihre Gedankenwelt. Sie ist immer wieder eifersüchtig auf ihre beste Freundin, da sie besser in der Schule ist und später allen Jungs den Kopf verdreht. Das einzige woran sie sich klammert, ist ihr Erfolg in der Mittelschule und im Gymnasium, dessen Besuch Elena, aber nicht ihrer Freundin Lila, ermöglicht wird. Aber was ist die Schulbildung schon wert, wenn es keine ebenbürtige Gesprächspartner im Rione für sie gibt. Mit Lila konnte sie immer philosophieren und ihre Grenzen austesten, bis sie das Interesse daran verlor…

Meine Gedanken zum Roman

Die Lektüre war sehr mühsam, da man nur langsam in der Erzählung voran kam. Der Roman hat über 400 Seiten mit viel Text auf engem Raum. Trotzdem sind Elenas Schilderungen hoch interessant und haben in mir einige Kindheitserinnerungen geweckt. Ich konnte mich mit der Protagonistin identifizieren. Auch ich habe als ich klein war nach meinen Freundinnen vor dem Haus gerufen, damit sie aus dem Fenster schauten und zum Spielen auf die Straße kamen. Auch ich wollte immer Lob von den Lehrerinnen und konkurrierte gleichzeitig mit den besten Freundinnen.

Auch das italienische Lebensgefühl ist absolut spürbar – das viele Fluchen, die Generationskämpfe, die großen Brüder, die auf ihre Schwestern aufpassen müssen und das Geld von dem keiner weiß wo es herkommt. Oft übersetzte ich für mich im Gedanken die Sätze ins Italienische – weil es besser passt. Gegen Ende des Romans erinnerte mich die Handlung stark an Der Besuch der alten Dame: ein Dorf, das sich verschuldet und Schuhe, die eine wichtige Rolle spielen. Die vielen Personen mögen manchmal auch für Verwirrung sorgen – doch am Ende ist die Rollenverteilung ganz klar.

Viele Klassiker der Weltliteratur finden ihre Erwähnung in Ferrantes Werk, so der Ritterroman schlechthin von Miguel de Cervantes:

„Lenù, zu viele schlechte Ritterromane bringen einen Don Quijote hervor. Aber bei allem Respekt für Don Quijote, wir hier in Neapel haben etwas anderes zu tun, als gegen Windmühlen zu kämpfen, das ist nur vergeudeter Mut. Wir brauchen Leute, die wissen, wie Windmühlen funktionieren, und sie zum Laufen bringen.“ (Ferrante 2016, S. 414f)

Zur Autorin Elena Ferrante

Wer die Autorin ist, ist nicht zu hundert Prozent klar, da die Italienerin ein Pseudonym verwendet. Ein Investigativjournalist (Claudio Gatti) hat bereits versucht die Person hinter dem Namen ausfindig zu machen und einen Bericht in der FAZ veröffentlicht (2. Oktober 2016). Die Übersetzerin Anita Raja soll hinter dem Pseudonym stecken. Gatti hat für seine „Enthüllung“ viel Kritik geerntet.

Mehr zur Autorin unter: www.elenaferrante.de

Meine geniale Freundin befindet sich zur Zeit auf Platz 3 der Spiegel-Bestsellerliste. Band 2 – Die Geschichte eines neuen Namens ist bereits in den Buchläden erhältlich. Band 3 und 4 werden noch im Laufe des Jahres veröffentlicht.

Hier geht’s zum Buch.
P.S.: In der Wagner’schen kann man neuerdings auch nach Hause bestellen. 🙂

Der Roman  wurde mir freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Der Buchtrailer zum Roman:

5 Kommentare Gib deinen ab

  1. Anny sagt:

    Ursprünglich in deiner leseliste entdeckt und deshalb war das eine meiner Urlaubslektüren. 😎
    Danke für deinen schönen Blog!

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    1. bookbroker sagt:

      Vielen Dank! 🙂 Wie hat dir der Roman gefallen?

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  2. Sylvia sagt:

    Liebe Evelyn,

    ich bin auch im „Ferrannte-Fieber“ und warte gerade auf Band 3, der ja in ein paar Tagen erscheinen soll. Wirst du das auch lesen und dazu dann eine Rezension schreiben? Wäre gespannt!

    Liebe Grüße
    Sylvia

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