Rezension // Nebel von Mario Schlembach

Ein Totengräber schreibt über das Totengräber-Dasein. Den Autor, Mario Schlembach, habe ich in der Steiermark in der Wasnerin kennengelernt und er hat mir erzählt, dass er Nebel von sich „losschreiben“ musste. Bei mir hängengeblieben ist, dass er Totengräber ist / war und es blieb mir nichts anderes übrig, als ganz unverschämt den Roman von ihm (samt Autogramm) mit nach Hause zu nehmen.

Inhaltsangabe zu Nebel

Ein junger Mann erhält die Nachricht, dass der Vater verstorben sei, weshalb er in sein Heimatdorf für die Beerdigung in drei Tagen zurückkehren muss. Dort angekommen stellt er fest, dass seine Hilfe sofort benötigt wird. So darf er das Grab seines Vaters selbst ausheben – immerhin hatte der Protagonist als Kind vom Vater gelernt wie es geht.

„An mein erstes Grab kann ich mich nicht erinnern. Die Gräber meiner Kindheit verwischen zu einem einzigen Ablauf, der sich ständig wiederholt. Es exisitieren für mich keine Menschen, keine Namen in der Erinnerung, nicht das Verständnis für die Tätigkeit. Mein Vater gräbt ein Loch. Mehr ist es nicht. Der Rest ist Faszination und Neugier eines Kindes;“ (Schlembach 2018, S. 17)

Außerdem lebt er sich im Elternhaus ein und peu à peu flammen alte Erinnerungen auf. Erinnerungen an die Ereignisse, die ihn aus seinem Heimatdorf haben fliehen lassen: „Nirgends muss ich hin, nirgends zurück. Die letzten Monate, Jahre schon, bin ich nur auf der Flucht gewesen – vor allem, vor allem vor mir selbst, bis diese letzten Bande, die mir noch geblieben sind, mich wieder zurück in meine Heimat gezogen haben.“ (Schlembach 2018, S. 53f)

Meine Gedanken zum Roman

Der Roman wird seinem Titel auf jeden Fall gerecht – die Handlungs ist grau, verschleiert und nicht ganz durchsichtig. Wir werden in die typischen Praktiken eines Totengräber eingeführt und erfahren auch (teils grausige) Details, die dann aber wieder so faszinierend sind, dass man doch weiterlesen muss. Eine Liebesgeschichte findet auch ihren Platz in Nebel – wenn für mich auch nicht immer klar war ob die Begegnungen reell sind oder nicht.

Einen großen Teil der Erzählung nehmen philosophische Fragen ein, so kommen wir als Leser nicht darum herum über den Tod nachzudenken: „Ich habe zu viel vom Tod gesehen, als dass ich den Verlust meines besten Freundes akzeptieren kann. […] Ich bin so überheblich gewesen und habe gedacht, nur, weil ich für den Tod arbeite, kann er mir nichts antun er wäre mein Verbündeter. (Schlembach 2018, S. 149f)

Zum Autor Mario Schlembach

Er ist 1985 geboren und neben dem Lagerfriedhof Sommerein (Niederösterreich) als Bauernsohn auf einem Aussiedlerhof aufgewachsen. Er hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Philosophie und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Wien studiert. Seitdem arbeitete er u.a. als Bestattungshelfer, Buchhalter, Lokalreporter, Postler, Texter und Totengräber. Zuletzt schaffte er es mit Nebel auf die Shortlist des Literaturpreises Alpha 2018. [Infos lt. Verlags-Website]

Weitere Besprechungen zu Nebel

DER STANDARD I Sand am Meer I

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Buchsendung mit Tirol TV in der Wagner’schen Buchhandlung:

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