Rezension // Der Club von Takis Würger

Mir geht es manchmal so, dass ich meine Instagram-Timeline auf und ab scrolle und auf Bilder von Büchern stoße, die mir sofort ins Auge fallen. So war es auch mit Der Club – es war plötzlich überall. Zugegeben, das Cover ist ein absoluter Blickfang! Die Streifen in der Kombination von Schwarz, Blau und Silber sind doch recht auffallend und es beweist einmal mehr, welche Rolle die Buchgestaltung spielt. Ein Kompliment an dieser Stelle an die Grafik! Noch viel spannender ist es aber nach der Lektüre das Cover nochmal mit ganz anderen Augen zu sehen, da sich in den meisten Fällen die Handlung in der Grafik einkerbt. Der Club – und so viel schon mal vorweg – ist ein absolut gelungenes Gesamtwerk und auf Platz 1 meiner Lieblingsbücher 2017.

Inhaltsangabe zu Der Club von Takis Würger

Hans ist Protagonist der Erzählung und ein Einsiedler. Er wächst gemeinsam mit seiner krebskranken Mutter und seinem Vater in einem kleinen Haus im Wald in Deutschland auf und hat kaum Freunde. Trotz der Krebsdiagnose lebt seine Mutter noch erstaunlich lange. Hans ist auch nicht unglücklich, er ist einfach lieber allein. Der Vater sieht sich irgendwann doch dazu verpflichtet seinem Sohn beizubringen, wie er sich im Leben durchsetzen kann. Ein paar Boxhandschuhe machen den Anfang und es scheint die richtige Sportart für Hans zu sein: „Boxen war für mich anders als andere Sportarten, weil niemand erwartete, dass ich Freude empfand […]“ (Würger 2017, S. 17).

Der Familienkreis erweitert sich plötzlich, als die Halbschwester der Mutter – Alex – in Deutschland zu Besuch kommt. Hans schließt sie ins Herz – die zweite Begegnung mit seiner Tante sollte dann aber nach dem Tod seiner Eltern sein. Alex holt Hans nach Cambridge an die Universität, an der sie lehrt und verlangt von ihm sie bei der Aufdeckung eines Skandals zu unterstützen. Ein Ort an dem „die Männer ihre Köpfe etwas höher trugen“ (ebd., S. 31). Hans widersetzt sich nicht und lässt sich in den Pitt Club einschleusen. Die Mitglieder sind an ihrer gestreiften Krawatte in schwarz, blau und silber erkennbar.  Viele Mitglieder des Clubs boxen und Hans Stichler, sie nennen ihn alle nur Stichler, schließt sich ihnen an. Alles läuft nach Plan und er dringt in die Tiefen des Pitt Clubs vor, auch wenn er dafür eine ganz andere Person werden muss.

Meine Gedanken zum Roman

Die Erzählung beinhaltet eine Verschwörungstheorie, eine Liebesgeschichte und eine erstaunliche Persönlichkeitsentwicklung des Protagonisten – Zutaten für ein richtig gutes Leseerlebnis. Meine Lieblingszutat für ein spannendes Leseerlebnis sind Aha-Metaphern und Analogien, die ich mir gerne als Zitate notiere. So ging es mir schon mit Benedict Wells‘ Von Ende der Einsamkeit. Wells hat sich übrigens auch zu Der Club geäußert: „Ein faszinierendes Debüt, berührend und spannend.“ – dem kann ich nur zustimmen und tatsächlich gibt es auch einige Ähnlichkeiten zur Handlung in Wells‘ jüngsten Roman: Der Todesfall der Eltern, das Internat, ein Verbrechen, die Gefühlswelt der Figuren.

Eine meiner Lieblingsstellen im Roman ist folgende von Hans als Kind: „Vielleicht, dachte ich, muss ich mehr von mir erzählen, also erzählte ich davon, dass ich fand, Orangen würden nach Abenteuer schmecken und dass bei Mädchen die weichen Haare im Nacken manchmal aussehen wie Zuckerwatte. Die Kinder lachten mich aus.“ (ebd., S. 24). Auch beeindruckt haben mich die Verweise auf bekannte Kunstwerke, die bestimmte Handlungsmotive, wie Liebe oder Rache unterstreichen. Dazu gehören Rembrandts Rückkehr des verlorenen Sohnes oder Gentileschis Judith und Holofernes. Ich musste die Kunstwerke noch während dem Lesen googlen, um mich ganz auf die Motive einlassen zu können. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt ist die Freundschaft. Takis Würger zeichnet ein wirklich skurriles Bild davon, doch kann ich dem in allen Facetten nachempfinden. Männer, die sich durch einen Club verbunden fühlen, sich durch gemeinsame Aktivitäten verbunden fühlen und sie durch diese Verbundenheit rechtfertigen. Wirklich beeindruckend! Eine der Aktivitäten, die zur Aufnahme in einen weiteren Club nötig ist, ist durch nichts zu rechtfertigen – aber lest selbst.

Es gäbe noch so viel zu erwähnen: Charlotte – Hans‘ Freundin und ihre Beziehung zum Vater, der auch Clubmitglied war. Alex, eine Feministin auf ganzer Linie, die verschiedenen Stereotype die im Roman vorkommen: der ehrgeizige Chinese, der Super Macho mit Riesenpenis – ihr müsst diesen Roman lesen. Ein literarischer Hochkaräter!

Zum Autor Takis Würger

Der Autor ist 1985 geboren und schreibt als Redakteure u.a. für Der Spiegel. Wenn man sich die Biografie von Takis Würger ansieht, können durchaus Parallelen zur Handlung  in Der Club gezogen werden: Er studierte selbst in Cambridge Ideengeschichte (ohne Abschluss) und boxte als Schwergewicht. Mitglied in diversen Clubs war er natürlich auch.

Hier geht’s zum Roman. (Wurde mir vom Verlag freundlicherweise zur Verfügung gestellt)

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