Beinahe pünktlich zum 60-jährigen Jubiläum der Uraufführung der Tragikomödie am 29. Januar 1956 im Schauspielhaus Zürich, verwandelte sich in der ersten Jahreshälfte die Bühne des Tiroler Landestheater in die Stadt Güllen (man achte auf die Ähnlichkeit zu Gulden). Die Stadt ist nämlich der Schauplatz einer Geschichte, die mich beim Lesen aufgrund seines Dilemmas sehr gefesselt hat, mehr soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden.
Anders als bei manch anderem Stück sind die Rollen klar verteilt und es besteht kaum Verwechslungsgefahr. Das ewige Hin-und-her-Blättern zu den ersten Seiten mit der Personenauflistung bleibt dem Lesenden tatsächlich erspart. Genauso wird die Ausgangslage des Stücks deutlich definiert, ohne lange Umschweife: Die Stadt Güllen, die einst sogar Goethe besuchte, ist bankrott und sieht ihre letzte Hoffnung im Besuch der alten Dame – eine Milliardärin, die ihre Heimatstadt nach langer Zeit wieder besucht. Es zieht sie aber nicht aus Heimweh zurück nach Güllen, sondern aus Rache.
1910 musste Klara Wäscher die Stadt verlassen, verurteilt als Dirne. Alfred Ill (englisch für krank?), ihr damaliger Liebhaber, hatte sie geschwängert. Vor Gericht verleugnete er dies. Um seine Aussage glaubwürdiger zu machen, bezahlte er noch zwei weitere Männer für eine Aussage vor Gericht, dass sie behaupten auch mit ihr geschlafen zu haben.
Nun kehrt Klara als Claire Zachanassian und als siebenfache Ehefrau mit einem Butler, den zwei bezahlten, mittlerweile verstümmelten „Falschaussagern“ und einem Sarg zurück. Ihr Beweggrund für die Rückkehr war der Wunsch nach Gerechtigkeit oder nennen es Rache: „ich kann sie mir leisten [die Gerechtigkeit]. Eine Milliarde für Güllen, wenn jemand Alfred Ill tötet“ (Dürrenmatt 1998, S. 49).
Der Bürgermeister ist entrüstet über das Kopfgeld, das auf seinen guten Freund und geplanten Nachfolger ausgesetzt worden ist und lehnt das Angebot im Namen der Stadt ab. Claire entgegnete darauf ein schlichtes: „Ich warte“. Der Lehrer versucht noch die Frau zu mehr Menschlichkeit zu bewegen, worauf sie antwortet:
„Die Menschlichkeit, meine Herren, ist für die Börse der Millionäre geschaffen, mit meiner Finanzkraft leistet man sich eine Weltordnung. Die Welt machte mich zu einer Hure, nun mache ich sie zu einem Bordell.“ (Dürrenmatt 1998, S. 91)
Nicht viel später laufen viele Bewohner mit neuen (gelben) Schuhen herum, der Polizist hat einen neuen goldenen Zahn und allgemein leistet sich jede/r Bewohner/in von nun an auch mal etwas Teureres. Alfred Ill wird verrückt, während alle um ihn herum ganz ruhig bleiben.
Auch die Presse stattet Güllen einen Besuch ab, kommt in dem Stück aber nicht gut weg. Die Tragikomödie birgt viel Wahres in sich und vergleicht die titelgebende Frau mit Medea (eine Figur der griechischen Mythologie, die ebenso rachesüchtig war). Wer die Gattung gut kennt, weiß auch wer am Ende zu Fall kommen muss – mehr möchte ich über das Stück nicht verraten.
Schreibt mir eure Meinungen. Eure Evelyn
Hier geht’s zum Buch. (Dabei handelt es sich um die Neufassung des Stücks von 1980)
Das Theater hatte ich das letzte Mal im letzten Sommer besucht. Im Berliner Pfefferberg Theater werden selbst geschriebene Werke vorgespielt u es ist ganz lustig gewesen. Das Thema von Dürrenmatt Die RACHE der Frau, kann sich ebenfalls sehen lassen. Falls sich die Gelegenheit bieten sollte kann ich Dürrenmatt weiter empfehlen. Ich bedanke mich für die theatralischen Information wünsche einen schönen Abend.
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Die Socken sind genial… .^^
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