„Bisher kann kein einziger Buchblogger von seiner Arbeit leben. Entwicklungen zu einer Monetarisierung von Literatur-Blogs oder Buch-Podcasts werden seit Jahren prognostiziert, sind jedoch nicht abzusehen.“ So formuliert Miriam Zeh das Fazit zur Litblog-Convention 2019 in Köln und trifft dabei einen Nerv. Während Influencer aus anderen Branchen bereits selbstständig tätig sind, ist dies den meisten BuchbloggerInnen noch nicht gelungen. Die Gründe dafür sind vielfältig und stellen Verlage und BloggerInnen vor Grundsatzentscheidungen.
Eine Ursache sehe ich in der Zusammenarbeit von Verlagen mit BloggerInnen. Verlage zeigen sich beim Versand von Rezensionsexemplaren sehr großzügig und nehmen die MultiplikatorInnen sehr ernst. Die Presseabteilungen kümmern sich fleißig um Bookstagrammer, Booktuber und Bookfluencer, treffen sie auf Messen, organisieren Events mit AutorInnen, verschicken kreative Buchpakete und freuen sich über den redaktionellen Content, der dabei entsteht. Man ist es von der Pressearbeit auch gar nicht anders gewohnt – auch JournalistInnen bekommen Leseexemplare und schreiben ihre Besprechungen. Der Unterschied: BuchbloggerInnen müssen ihre Reisen zu den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig selbst bezahlen, es werden keine Kosten für Equipment und Weiterbildung übernommen. BuchbloggerIn zu sein ist in erster Linie ein teures und zeitintensives Hobby, wofür man gelegentlich Bücher geschenkt bekommt.
Viele BloggerInnen streben keine Monetarisierung an oder haben noch nie darüber nachgedacht. Wie sollten sie auch auf die Idee kommen, solange kein Verlag oder anderer Partner anklopft und eine Anfrage für eine bezahlte Kooperation stellt? Und selbst wenn Angebote existieren, entscheiden sich einige trotzdem dafür, ihre Kanäle weiterhin aus Liebe und Leidenschaft zu betreiben. Ein möglicher Grund dafür liegt in der Annahme, man könne keine wertfreien Besprechungen mehr veröffentlichen, wenn man dafür bezahlt wird.
Ich wurde oft gefragt, ob ich mit meinem Blog die Selbstständigkeit anstrebe und habe immer verneint, weil ich kein Potenzial dafür gesehen habe. Heute ist es nach fast fünf Jahren investierter Arbeit eine kleine, nebenberufliche Einnahmequelle. Bloggen war vor allem ausschlaggebend für den Verlauf meiner beruflichen Karriere. Als BloggerIn entwickelt man Social-Media-Expertise und wird zum Content-Creator. Vom Texten, über das Fotografieren und die Bildbearbeitung bis hin zur Pflege einer Website und Auswertung von Social Media-Posts eignen wir uns Kompetenzen an, die heute gefragt sind.
So ist es mir gelungen, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen: Ich arbeite als Onlinemarketingmanagerin in einem Verlag. Nun habe ich es auch ein stückweit selbst in der Hand, wie ich die Zusammenarbeit mit BloggerInnen gestalten möchte.
Dieser Gastbeitrag ist in der Ausgabe 02/2020 des Anzeigers (Magazin des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels) erschienen. Schreibt mir gerne eure Meinung an book.broker@hotmail.com.
Hallo liebe Evelyn,
was für ein toller Beitrag! Als ich ihn habe aufploppen sehen, musste ich ihn sofort lesen. (So wie alle Deine Beiträge)
Es ist meiner Meinung nach skandalös, dass es für fast jede Sparte Kooperationen gibt, nur scheinbar für die BuchbloggerInnen zu wenige bis gar keine. Damit will ich andere Influencer gar nicht herabsetzen, aber manchmal ist mir schon schleierhaft, wie einige sich wirklich eine Nase an teils seichten Dingen verdienen und gehaltvollere Blogs, die von Kunst oder Literatur handeln, werden kaum honoriert.
Ich verfolge so einige BloggerInnen auf Instagram, Facebook und anderen Seiten, deren Postings und Rezensionen ich verschlinge. Jeder davon hat seinen eigenen Stil und rezensiert auf ganz hohem Niveau. Ich kenne Blogs, die auch negative Kritik ganz sachlich formulieren und dadurch keineswegs vom Lesen des Buches abschrecken.
Im Gegenteil – oft ist mein Interesse dann erst recht geweckt!
Ich denke, dass man Bücher von allen Seiten betrachten sollte und dazu gehört auch die persönliche Meinung eines jeden Einzelnen.
Vielleicht sollten die BloggerInnen, die eventuell unbegründete Angst fallen lassen und eine lukrative bzw. für sie interessante Kooperation eingehen, ohne direkt zu befürchten, nicht mehr ehrlich sein zu dürfen.
Aber selbstverständlich könnte es viel mehr dieser Angebote für die BloggerInnen geben. Es gibt noch Spielraum nach oben was die Messen usw. betrifft.
Nach Deiner Performance auf der Frankfurter Buchmesse 2019 und Deinen Beiträgen, die Interviews mit Lappert und Strelecky …es war wirklich top Arbeit!
Was die Karrierechancen betrifft, gebe ich Dir recht. Ich bin erst am Anfang und muss erstmal in meinen Content/ Stil hineinfinden, allerdings haben sich auch mir bereits hier und da kleine Türen geöffnet.
Ganz liebe Grüße aus Regensburg
Paulina
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